Donnerstag, 25. Februar 2010

Die Gedanken

Fotografie: Boris Wienholz © All rights reserved


















» Hartz 4, Armut, junge überforderte Mütter, die weder sich selbst, noch ihrem Kind gerecht werden können. Die Abhängigkeit vom Arbeitgeber, der Druck, den einem die Arbeit machen kann: All diese Themen finden sich in Woyzeck wieder und machen dieses Stück für mich so aktuell. Man möchte alles richtig und jedem recht machen, und bemerkt dabei nicht, dass die Menschen um einen herum schon längst neue Wege eingeschlagen haben. Die Idee eines jungen Mannes, der lediglich seiner Familie gerecht werden möchte und dafür jegliche Einschränkungen, Pflichten und Zurechtweisungen erträgt, berührt mich sehr und steht für mich im Zentrum dieser Inszenierung. Woyzeck befindet sich in einer Welt, durch die er gezerrt, bewusst „vergiftet“ und erdrückt wird. Liebe oder Dankbarkeit finden keinen Platz. Im Gegenteil, seine Aufopferung wird klein getreten und seine Gutmütigkeit ausgenutzt.
Ausgangspunkt für diese Arbeit war das Milieu, in dem die Figuren leben: Eine einfache Arbeitersiedlung – oder wie man heute sagt ein „Problemviertel“, in dem sich die Menschen aus einfachsten Verhältnissen zusammenraffen und aus wenig Mitteln versuchen, ein einigermaßen lebenswertes „Zuhause“ zu schaffen. Dabei gibt es für mich zwei Parteien: Ein sehr junges – zu junges – Paar, aus dessen leichtsinniger Teenieliebe ein Kind entstanden ist, und die nun versuchen, an dem gewohnten „Familienbild“ festzuhalten.

Fotografie: Boris Wienholz © All rights reserved











Auf der anderen Seite die Dorfgemeinde, die ihnen zusätzlich das Leben schwer macht. Gehe ich heutzutage durch die Stadt, sehe ich so viele Mädchen, die zornig, desinteressiert und ruppig mit ihren Kinderwägen durch die Geschäfte trotten – doch wo ist der Kindsvater? Gibt es ihn noch? Zahlt er? Alles Fragen, die für mich innerhalb des Stücks immer wieder sichtbar werden. Auch wenn es dort einen Vater gibt, so ist er nicht mehr fähig, seiner Rolle gerecht zu werden. Ein klassisches Stück – knapp 170 Jahre alt, dessen Aktualität seinesgleichen sucht. «

Montag, 1. Februar 2010

Worte auf den Weg

Fotografie: Boris Wienholz © All rights reserved
Der Monat Februar 2010 gehört ganz dieser Abschlussklasse. Drei von ihnen sind Wegbereiter der Theaterakademie, Pioniere der ersten Stunde.Zwei sind später hinzugekommen, überzeugt für ihre Ausbildung das Richtige zu tun. Das Standing der Theaterakademie gibt ihnen recht. So gibt es eine enge Zusammenarbeit mit allen regionalen Theatern – vier unserer Studenten spielen am Nationaltheater Mannheim, zwei am Stadttheater Heidelberg.
Nun stellen sie sich mit ihrer Abschlussinszenierung dem Publikum vor.Was bewegt junge Menschen heute ein Stück wie Woyzeck zu bearbeiten? Auch heute werden Menschen aus Eifersucht ermordet. Auch heute führt eine ganze Industrie Versuche an mittellosen Menschen durch. Der Tod, der will erzappelt sein und bei Woyzeck
zappeln zwei aneinander vorbei. Sie versuchen aus ihren Umständen auszubrechen und scheitern daran, heute wie vor 170 Jahren.
Was macht unsere Abschlussklasse so besonders? Sie übernehmen Verantwortung für ihr Leben und für ihre Arbeit. Sie tanzen, preschen vor und überschlagen sich – finden sich bald auf den Brettern, die die Welt bedeuten, davon sind wir überzeugt. Sie sind bereit zum Durchstarten, wir wünschen ihnen dabei alles Gute!

Silvana Kraka und Mario Heinemann Jaillet
Schulleitung der Theaterakademie Mannheim